Inhalt: Der Gottesstaat

  • Staatsdoktrin von Ayatollah Chomeini: (Statthalterschaft des Gottesgelehrten oder Welajat-e-Fakih) "Sie besagt, dass in Abwesenheit des zwölften Imam und bis zu dessen Wiederkehr ein Schriftgelehrter regieren soll, der von den führenden Theologen als Bester und Würdigster sowie von den Gläubigen als Vorbild anerkannt wird. Dieser geistliche Führer steht über den Institutionen des Staates, über Regierung und Parlament und über einem Mehrheitswillen, der sich durch Parteien oder eine öffentliche Meinung artikulieren könnte. Der Führer ernennt die Mitglieder des theologischen Wächterrates, der die Vereinbarkeit von GEsetzen mit den Prinzipien des Islam überprüft. Er bestellt die höchsten Verantwortlichen der Justiz, ernennt als Oberkommandierender der Streitkräfte deren Befehlshaber und setzt sie wieder ab, leitet den obersten Sicherheitsrat, dem der Präsident, der Premierminister, der Verteidigungsminister, der Stabschef, der Padaran-Kommandeur sowie zwei weitere wiederum vom Führer ernannte Berater angehören. Alle wichtigen Staatsaffären werden in diesem Gremium entschieden. Der geistliche Führer kann sogar den gewählten Staatspräsidenten absetzen, falls dieser nach Feststellung des obersten Gerichts seine Pflichten verletzt. Mit westlichen Vorstellungen von Volkssouveränität und Demokratie ist Welajat-e-Fakih völlig unvereinbar. Umgekehrt bedeutet Volkssouveränität für Islamisten "Abfall von Gott", über dessen Gebote nicht disponiert werden kann.
    Im Prinzip erhebt der Statthalter des Imam Anspruch auf Leitung der gesamten Umma, der Gemeinde aller Muslime auf Erden. Dass die sunnitische Mehrheit der Gläubigen - immerhin jene neunzig Prozent - keinen Klerus und keine theologische Hierarchie kennt, ist die Schwäche dieser Doktrin." Aus: Chimelli 2000, S. 35f.