Inhalt: Dolchstosslegende
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Mit der Dolchstosslegende bezeichnet man die unwahre Behauptung, dass die deutsche Niederlage nicht aus militärischen und wirtschaftlichen Gründen basierte, sondern allein der Schuld der deutschen demokratischen Politiker und der revolutionären Unruhen zuzuschreiben sei. Sie wurde von den Rechtsparteien erfolgreich als Propaganda benutzt.
1919 befasste sich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss mit den Ursachen des deutschen Zusammenbruchs. Ein Augenzeuge berichtet über die Befragung Hindenburgs und Ludendorffs: "Die Grundnote ihrer Aussage war, dass sie sich immer auf ihre militärische Aufgabe beschränkt und dem Kanzler die Führung der Politik überlassen hätten... Sie verwandten einen grossen Teil ihrer Vernehmung auf den Nachweis, die ... Katastrophe sei auf den durch Wühlereien hinter der Front erfolgten moralischen Zusammenbruch der Heimatfront zurückzuführen. Eintönig leierte der Feldmarschall sein Pensum herunter. Es klang so langweilig wie eine abgespielte Grammophonplatte - und war doch mit Dynamit geladen. Denn er setzte die Legende vom Dolchstoss in die Welt.
Ein britischer General, erzählte er, habe mit vollem Recht gesagt: "Die deutsche Armee hat einen Dolchstoss in den Rücken erhalten." Kein Mensch fragte ihn nach dem Namen des Generals, was ihn sicherlich in grosse Verlegenheit gebracht hätte, denn er war ja nicht der Mann, der ausländische Veröffentlichungen las; er wiederholte lediglich eine Geschichte, die man ihm beigebracht und die er auswendig gelernt hatte. Ludendorff nahm die gleiche Tonart auf und griff die Sozialdemokratie heftig an. Je verwaschener das Zeugnis, desto besser war die Propaganda." Aus: M.J. Bonn. So macht man Geschichte. Bilanz eines Lebens. München 1953. S. 239f. Zit. in Geschichte und Geschehen. S. 262.


Gerade Ludendorff war sehr an dieser Erklärung interessiert, da er und Hindenburg die Reichsregierung gedrängt hatten, 1918 ihre Gegner um einen Waffenstillstand zu ersuchen. Dies sollte vertuscht werden - stattdessen versuchten die Generäle darzulegen, dass das deutsche Heer selbstverständlich im Felde unbesiegt gewesen sei - die "Novemberverbrecher" (Putschisten) hätten ihnen den Dolch in den Rücken gestossen.
Deutschland hatte im Osten Russland besiegt, bei der Kapitulation hatte noch kein fremder Soldat deutschen Boden betreten - Deutschland war immer siegreich gewesen. Es lag also nahe, zu glauben, dass die Kapitulation von Schwächlingen herbeigeführt worden war und der Krieg ohne die Linken erfolgreich hätte fertiggeführt werden können. Die Falschheit der Dolchstosslegende und die Einsicht, dass Deutschland den Krieg MILITÄRISCH verloren hatte, kam erst nach dem Zweiten Weltkrieg - zu spät!