"Den nach wie vor offiziell gültigen Standpunkt in der Kurdenfrage
vertrat der Staatspräsident Cemal Gürsel. Aus seinen Worten
geht
hervor, dass die Existenz einer kurdischen Ethnie als Bedrohung
für
den türkischen Staat verstanden wird:
"Zu keinem Zeitpunkt in der Geschichte ist es zu einer Einwanderung
eines
fremden Volkes in unsere Ostprovinzen gekommen, dessen Erben die
heutigen
Einwohner wären. Nirgendwo auf der Welt gibt es eine Rasse mit
einer
eigenen Identität, die 'kurdisch' genannt werden kann. Die Kurden
sind
nicht nur unsere Bürger, sondern auch unsere Volksgenossen ...
Jahrhundertelange
Misswirtschaft und Vernachlässigung durch den Staat und die
abgeschlossene
Lebensweise der Kurden haben leider diese Folge gehabt [d.h. dass die
Kurden
sich als ein eigenständiges Volk vorzustellen begannen].
Diejenigen,
die danach trachten, Nation und Vaterland der Türken zu teilen und
zu
zerschlagen, wollen daraus Nutzen ziehen. Allen türkischen
Intellektuellen
muss klar sein, dass das Kurdentum von feindlichen Mächten
aufgehetzt
wird mit dem Ziel, die nationale Einheit zu erschüttern und uns so
zu
Fall zu bringen. Wir können dies selbstverständlich nicht
zulassen,
da die östlichen Provinzen Tor und Festung unseres Landes sind.
Wenn
wir diese unsere wahrhaften Brüder vernachlässigen und nicht
aufklären,
dann werden sie der Propaganda des Feindes ohne Waffen und schutzlos
ausgeliefert
sein. Am Ende werden wir dann wegen dieser niederträchtigen
Propaganda
in zwei geteilt sein. Falls wir die östlichen Provinzen verlieren,
können
wir uns auch in den zentralen und westlichen Provinzen schlecht halten.
In
diesem Kampf geht es um die Zukunft des türkischen Vaterlands und
der
türkischen Nation, und dies ist eine äusserst ernste
Angelegenheit"."
Aus: Strohmeier. S. 104.