Inhalt: Folter

 
Vgl. dazu Artikel weiter unten "Berufsverbot für Folter-Juristen?"
Guter Artikel der Zeit zum Thema

Definition von Folter laut UN

UNO-DEFINITION DER FOLTER

„Im Sinne dieses Übereinkommens bezeichnet der Ausdruck Folter, jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel, um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen oder um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen, oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden."

(aus: Anti-Folter-Konvention Artikel 1, Satz 1)

Berufsverbot für Folter-Juristen?

http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,303941,00.html

Amerikas Juristen sind empört über die Gutachten für die US-Regierung, mit denen Foltertechniken in Militärgefängnissen gerechtfertigt werden sollten. Standesverbände erwägen jetzt disziplinarische Konsequenzen für die an den Studien beteiligten Anwälte.
 
Die juristischen Gutachten des Pentagon, des Washingtoner Justizministeriums und des Weißen Hauses, in denen der Versuch unternommen wurde, Foltertechniken bei Verhören zu rechtfertigen, haben einen Proteststurm unter US-Juristen entfacht. Eine Abteilung hochrangiger Militäranwälte hatte schon vergangenen Monat die American Bar Association, den Standesverband aller US-Juristen, über Versuche der zivilen Pentagon-Führung unterrichtet, den Rechtsschutz von Gefangenen zu unterminieren. "30 Jahre lang haben wir die Genfer Konvention strikt angewandt", klagte einer der Experten, "wenn man jetzt den Leuten beibringt, dass es schon in Ordnung geht, das Recht zu brechen, kann niemand sagen, wo das aufhört." Harold Hongju Koh, Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Yale, beschreibt die Foltergutachten als "eklatant falsch, schlicht eine fehlerbelastete Rechtsanalyse". Die Vorstellung, der Präsident verfüge über "eine verfassungsmäßige Vollmacht, die Folter zu gestatten, ist das Gleiche, als würde man sagen, er habe die Vollmacht, einen Genozid anzuordnen". Der Rechtsanwalt Scott Horton, der sich als Mitglied der New Yorker Bar Association um internationale Menschenrechtsfragen kümmert, will nicht ausschließen, dass die Gutachten berufliche Konsequenzen für ihre Verfasser haben: "Wenn ein Rechtsanwalt einem Klienten Ratschläge erteilt, die dazu führen, dass der Klient geltendes Recht bricht, ist das in hohem Maße unethisch und kann zu Disziplinarmaßnahmen gegen den Anwalt führen."



Folter im Irak
http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/299/33266/

US-General Sanchez segnete „extreme“ Verhörmethoden ab

Die Serie von Enthüllungen im Skandal um Gefangenen-Misshandlungen im Irak reißt nicht ab. Wie die renommierte Washington Post berichtete, hat der Oberbefehlshaber der US-Besatzungstruppen persönlich Methoden wie die Bedrohung von Häftlingen mit Hunden, Schlafentzug und Langzeitisolation genehmigt haben.

Die Zeitung beruft sich dabei auf ihr vorliegende Dokumente. Danach hat General Ricardo Sanchez dem Personal im Gefängnis von Abu Ghoreib grünes Licht gegeben, diese „Verhörtaktiken“ nach eigenem Gutdünken anzuwenden.

Insgesamt habe Sanchez im September vergangenen Jahres 32 verschiedene Methoden aus einer Liste von Taktiken ausgewählt, die bereits zuvor im US-Gefangenenlager Guantanamo Bay (Kuba) angewendet worden seien.

Einige davon habe der Befehlshaber dann aber im Oktober wieder gestrichen, nachdem sie von Offizieren im insgesamt für die Golfregion zuständigen US-Zentralkommando abgelehnt worden seien.

 Dabei habe es sich um noch extremere Methoden gehandelt, die das Personal nach der ursprünglichen Anweisung des Generals mit Genehmigung eines an den Verhören beteiligten Offiziers in Abu Ghoreib habe anwenden dürfen.

Methoden wurden untersagt, als die Folter-Fotos um die Welt gingen

Dem Blatt zufolge hatte das Personal unter anderem freie Bahn für eine mehr als 30-tägige Isolation von Gefangenen und eine Versorgung lediglich mit Wasser und Brot. Wie es weiter hieß, durften Militärhunde zur Einschüchterung verwendet, die Gefangenen extremen Temperaturen ausgesetzt und bis zu 45 Minuten lang in äußerst unbequemen Positionen gehalten werden.

 Sanchez habe diese Methoden erst untersagt, als die Schreckensbilder von Gefangenenmisshandlungen durch US-Soldaten im Mai rund um die Welt gegangen seien.

 Zu den Taktiken, auf die der General wegen Einspruchs des Zentralkommandos verzichtete, gehörten nach Angaben der Zeitung der Entzug religiöser Gegenstände und Maßnahmen zur Erniedrigung der Gefangenen.

Wie unterdessen offiziell mitgeteilt wurde, muss sich ein 27-jähriger US-Marineinfanterist im Juli wegen Misshandlung eines Häftlings in einem provisorischen Gefängnis im Irak vor einem Militärgericht verantworten. Er wird beschuldigt, den Gefangenen mit Elektroschocks gequält zu haben.

dpa/AP


Umgang mit Folter in Deutschland
http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,237062,00.html

Folter-Rechtfertigung

Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Richterbund-Chef

Gegen den Vorsitzenden des Deutschen Richterbundes, Geert Mackenroth, gibt es eine Dienstaufsichtsbeschwerde. Der Richter hatte Folter durch Polizei in bestimmten Fällen als "erlaubt" bezeichnet.

DPA

Geert Mackenroth

Kiel - Das schleswig-holsteinische Justizministerium teilte mit, dass die Beschwerde aus Justizkreisen stamme. Sie werde nun vom Oberlandesgericht Schleswig bearbeitet. Mackenroth ist Landgerichtspräsident in Itzehoe.

Der Richter hatte Folter durch die Polizei in bestimmten Situationen gerechtfertigt: "Es sind Fälle vorstellbar, in denen auch Folter oder ihre Androhung erlaubt sein können, nämlich dann, wenn dadurch ein Rechtsgut verletzt wird, um ein höherwertiges Rechtsgut zu retten", sagte Mackenroth dem "Tagesspiegel". Heute versuchte Mackenroth, diesen Satz zu relativieren. Er habe auch gesagt, dass Folter nach internationalen und nationalen Vorschriften zu Recht verboten sei, hieß es in einer Pressemitteilung des Richterbunds.

Auf Mackenroths Äußerungen hatte vorwiegend ablehnende Reaktionen gegeben. Gegenüber SPIEGEL ONLINE sagte der Sprecher von Amnesty International in Deutschland, Dawid Bartelt, dass eine Abwägung, wie Mackenroth sie fordere, unzulässig sei.Der Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, nannte Mackenroths Äußerungen empörend und einen Tabubruch. "Er sollte sofort zurücktreten", sagte Wiefelspütz den "Stuttgarter Nachrichten".

Die Diskussion war im Zusammenhang mit dem Strafverfahren gegen den mutmaßlichen Mörder Jakob von Metzlers entstanden. Der stellvertretende Frankfurter Polizeipräsident soll in einer Aktennotiz vermerkt haben, dass er die Ermittler angewiesen habe, dem Verdächtigen Magnus G. mit "Schmerzen" zu drohen, falls dieser nicht aussage und sie zu dem entführten Elfjährigen führe.




Aussage eines Gefolterten als Irreleitung der USA

„Noch schlimmer klingt, was unlängst über den Informanten Ibn al-Sheikh al-Libi bekannt wurde. Die Aussagen des gefangenen Al-Qaida-Terroristen bildeten das Fundament der von Bush und Vizepräsident Cheney verbreiteten Schreckensmeldung, Saddam helfe Al-Qaida-Kommandos im Umgang mit biologischen und chemischen Waffen. „Wir haben erfahren, dass der Irak Mitglieder von al-Qaida für die Herstellung von Bomben und Giften und tödlichen Gasen ausbildet“, erklärte Bush in einer Rede in Cincinnati im Oktober 2002. Bereits im Februar 2002 hatte der Pentagon-Geheimdienst DIA jedoch in einem Papier festgehalten, al-Libi habe seine Befrager „vorsätzlich in die Irre geführt“.
Die Lügen des Informanten sind schon deshalb brisant, weil sie den dunkelsten Katakomben der Bush-Administration entspringen: Der Terrorist hatte zu fantasieren begonnen, nachdem er in amerikanischem Gewahrsam gefoltert worden war. Während sich der Präsident gegen den Vorwurf von Folterungen verwahrte, verdichteten sich die Anzeichen für die Mißhandlung von Gefangenen durch die CIA in geheimen Gefängnissen in Asien und Osteuropa. Al-Libi etwa hatte „ausgepackt“, weil er zuvor durch simuliertes Ertrinken gefügig gemacht wurde.“
TA, Di 22.11. 2005, S. 9

Verhörmethoden
Unter den sechs inzwischen bekannt gewordenen Verfahren befindet sich das so genannte "Water boarding", bei dem der Gefangene das Gefühl hat zu ertrinken. Dieser Methode sei Mohammed in den ersten Monaten nach seiner Festnahme wiederholt ausgesetzt worden, heißt es in einem Bericht des Generalinspekteurs der CIA aus dem Frühjahr 2004.

Als Folter sieht die CIA diese und andere Techniken jedoch nicht an, wie CIA-Chef Porter Goss in einem Interview mit der Zeitung USA Today betonte. Er beschrieb sie als "innovative" Verhörmethoden. Dazu gehört, Gefangene bis zu 40 Stunden, an Händen und Füßen gefesselt, zum Stehen zu zwingen, sie nackt in einer kalten Zelle mit kaltem Wasser zu übergießen, und sie schließlich auf einem Brett zu fesseln, ihr Gesicht in Zellophan einzuwickeln und Wasser über sie zu gießen, so dass sie nach wenigen Sekunden in Todesangst geraten und aus Angst vor dem Ertrinken um Gnade flehen.

All diese "neuen und verbesserten Verhörmethoden", so vermuten Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch, praktiziert die CIA in ihren Geheimverliesen im Ausland. Anfang November hatte die Washington Post berichtet, dass es derartige Gefangenenlager nicht nur in Afghanistan und Usbekistan, sondern auch in osteuropäischen Ländern gebe. Ihre Namen hatte die Zeitung jedoch zurückgehalten, weil sie von der US-Regierung darum gebeten wurde.
http://www.dradio.de/aktuell/441711/

Falsche Informationen aus Drittländern?

Brisanter Fall beschäftigt die USA: Aussagen, die unter Gewaltandrohung in Ägypten gemacht wurden, sind zu einem Kriegsgrund geworden
Vor Beginn des Irak-Kriegs hat sich das Weisse Haus bei seiner Behauptung, es bestünden Beziehungen zwischen Al Qaida und Irak, auf die Äusserungen eines hohen Al-Qaida-Mitglieds gestützt. Nun hat die «New York Times» aufgedeckt, dass der Mann in ägyptischer Haft gelogen habe, um nicht gefoltert zu werden. Er zog seine Aussage später zurück.
Als sich das Weisse Haus auf den Irak-Krieg vorbereitete, spielten die Aussagen des ranghohen Al-Qaida-Mitglieds Ibn al-Scheich al-Libi eine wichtige Rolle – ohne dass sein Name damals bekannt war. US-Präsident Bush, Vizepräsident Cheney und der damalige Aussenminister Powell sagten mehrmals, es gebe vertrauenswürdige Beweise für Verbindungen zwischen Irak und dem Terrornetzwerk Al Qaida. Bush äusserte sich in seiner wichtigen Rede in Cincinnati im Oktober 2002 erstmals dazu, als er sagte: «Wir haben erfahren, dass Irak Al-Qaida-Mitglieder im Herstellen von Bomben und im Gebrauch von chemischen Waffen ausgebildet hat.»

Unter Androhung von Folter
Die «New York Times» deckte nun auf, gestützt auf Aussagen von amerikanischen Regierungsbeamten, dass Al-Libi seine Äusserungen in ägyptischer Gefangenschaft unter Androhung von Folter gemacht habe. Er gab später zu, er habe aus Angst gelogen. Der gebürtige Libyer war Ende 2001 in Pakistan verhaftet und in Afghanistan gefangen gehalten worden. Er war das damals ranghöchste Al-Qaida-Mitglied in amerikanischer Gefangenschaft. Al-Libi hatte auch dort Andeutungen gemacht, doch konkret war er erst geworden, als er im Januar 2002 von den USA an Ägypten ausgeliefert worden war. Er kam im Februar 2003 in die Militärbasis Guantanamo. Wo er sich heute befindet, ist nicht bekannt.
Die Tatsache, dass al-Libi seine Aussage nach dem Einmarsch in Irak zurückzog und die CIA Informationen, die sich auf seine Äusserungen stützten, im März 2004 für nichtig erklärte, ist seit mehr als einem Jahr bekannt. Der Artikel in der «New York Times» deckt jedoch erstmals öffentlich auf, dass ein Teil der fehlerhaften Geheimdienstinformationen im Vorfeld des Krieges darauf zurückzuführen sein könnte, dass sich die USA bei der Befragung von Al-Qaida-Mitgliedern stark auf Drittländer verliessen. Bisher war nämlich nicht bekannt gewesen, dass Al-Libi seine Aussage in ägyptischer Haft gemacht und später zugegeben hatte, er habe unter Zwang gehandelt.

Militärgeheimdienst zweifelte
Ein Regierungsmitglied betonte gegenüber der «New York Times», ein Teil der Informationen von Al-Libi über die Terrororganisation Al Qaida sei korrekt gewesen, und seine Behauptung, er sei in ägyptischer Haft brutal behandelt worden, sei nicht erhärtet worden. Doch der Militärgeheimdienst hatte bereits im Februar 2002 Zweifel an Al-Libis Vertrauenswürdigkeit angemeldet und bezeichnete seine Aussagen als «vorsätzlich irreführend», wie vergangenen Monat freigegebene Regierungsdokumente belegen.
Wieso Präsident Bush sich acht Monate später trotzdem so stark auf al-Libis Äusserungen stützte, versucht der ranghöchste Demokrat im Militärausschuss, Senator Carl Levin, zurzeit herauszufinden. Er verlangt vom Militärgeheimdienst, vier weitere, geheime Berichte aus dieser Zeit freizugeben.
Laut dem Weissen Haus gehört Al-Libi zu einer Gruppe von 150 Gefangenen, die seit den Attentaten vom 11. September zur Befragung in andere Länder gebracht worden waren. Regierungsmitglieder, unter ihnen auch Aussenministerin Condoleezza Rice, verteidigten diese Praxis mehrfach. Besonders im Nahen Osten sei es hilfreich, wenn die Befrager die Sprache des Häftlings sprächen und seinen kulturellen Hintergrund verstünden. Die USA hätten nur an Drittländer ausgeliefert, die versicherten, die Häftlinge würden nicht gefoltert.
Karin Reber Ammann, St. Galler Tagblatt, 16.12.2005