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Vgl. dazu Artikel weiter unten "Berufsverbot für Folter-Juristen?" Guter Artikel der Zeit zum Thema |
Umgang mit Folter in Deutschland http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,237062,00.html Folter-Rechtfertigung Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Richterbund-Chef Gegen den Vorsitzenden des Deutschen Richterbundes, Geert Mackenroth, gibt es eine Dienstaufsichtsbeschwerde. Der Richter hatte Folter durch Polizei in bestimmten Fällen als "erlaubt" bezeichnet. DPA Geert Mackenroth Kiel - Das schleswig-holsteinische Justizministerium teilte mit, dass die Beschwerde aus Justizkreisen stamme. Sie werde nun vom Oberlandesgericht Schleswig bearbeitet. Mackenroth ist Landgerichtspräsident in Itzehoe. Der Richter hatte Folter durch die Polizei in bestimmten Situationen gerechtfertigt: "Es sind Fälle vorstellbar, in denen auch Folter oder ihre Androhung erlaubt sein können, nämlich dann, wenn dadurch ein Rechtsgut verletzt wird, um ein höherwertiges Rechtsgut zu retten", sagte Mackenroth dem "Tagesspiegel". Heute versuchte Mackenroth, diesen Satz zu relativieren. Er habe auch gesagt, dass Folter nach internationalen und nationalen Vorschriften zu Recht verboten sei, hieß es in einer Pressemitteilung des Richterbunds. Auf Mackenroths Äußerungen hatte vorwiegend ablehnende Reaktionen gegeben. Gegenüber SPIEGEL ONLINE sagte der Sprecher von Amnesty International in Deutschland, Dawid Bartelt, dass eine Abwägung, wie Mackenroth sie fordere, unzulässig sei.Der Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, nannte Mackenroths Äußerungen empörend und einen Tabubruch. "Er sollte sofort zurücktreten", sagte Wiefelspütz den "Stuttgarter Nachrichten". Die Diskussion war im Zusammenhang mit dem Strafverfahren gegen den mutmaßlichen Mörder Jakob von Metzlers entstanden. Der stellvertretende Frankfurter Polizeipräsident soll in einer Aktennotiz vermerkt haben, dass er die Ermittler angewiesen habe, dem Verdächtigen Magnus G. mit "Schmerzen" zu drohen, falls dieser nicht aussage und sie zu dem entführten Elfjährigen führe. |
Aussage eines
Gefolterten als Irreleitung der USA
„Noch schlimmer klingt, was unlängst über den Informanten Ibn
al-Sheikh al-Libi bekannt wurde. Die Aussagen des gefangenen
Al-Qaida-Terroristen bildeten das Fundament der von Bush und
Vizepräsident Cheney verbreiteten Schreckensmeldung, Saddam helfe
Al-Qaida-Kommandos im Umgang mit biologischen und chemischen Waffen.
„Wir haben erfahren, dass der Irak Mitglieder von al-Qaida für die
Herstellung von Bomben und Giften und tödlichen Gasen ausbildet“,
erklärte Bush in einer Rede in Cincinnati im Oktober 2002. Bereits
im Februar 2002 hatte der Pentagon-Geheimdienst DIA jedoch in einem
Papier festgehalten, al-Libi habe seine Befrager „vorsätzlich in
die Irre geführt“.
Die Lügen des Informanten sind schon deshalb brisant, weil sie den
dunkelsten Katakomben der Bush-Administration entspringen: Der
Terrorist hatte zu fantasieren begonnen, nachdem er in amerikanischem
Gewahrsam gefoltert worden war. Während sich der Präsident
gegen den Vorwurf von Folterungen verwahrte, verdichteten sich die
Anzeichen für die Mißhandlung von Gefangenen durch die CIA
in geheimen Gefängnissen in Asien und Osteuropa. Al-Libi etwa
hatte „ausgepackt“, weil er zuvor durch simuliertes Ertrinken
gefügig gemacht wurde.“
TA, Di 22.11. 2005, S. 9
Verhörmethoden
Unter den sechs inzwischen bekannt gewordenen Verfahren befindet sich
das so genannte "Water boarding", bei dem der Gefangene das Gefühl
hat zu ertrinken. Dieser Methode sei Mohammed in den ersten Monaten
nach seiner Festnahme wiederholt ausgesetzt worden, heißt es in
einem Bericht des Generalinspekteurs der CIA aus dem Frühjahr 2004.
Als Folter sieht die CIA diese und andere Techniken jedoch nicht an,
wie CIA-Chef Porter Goss in einem Interview mit der Zeitung USA Today
betonte. Er beschrieb sie als "innovative" Verhörmethoden. Dazu
gehört, Gefangene bis zu 40 Stunden, an Händen und
Füßen gefesselt, zum Stehen zu zwingen, sie nackt in einer
kalten Zelle mit kaltem Wasser zu übergießen, und sie
schließlich auf einem Brett zu fesseln, ihr Gesicht in Zellophan
einzuwickeln und Wasser über sie zu gießen, so dass sie nach
wenigen Sekunden in Todesangst geraten und aus Angst vor dem Ertrinken
um Gnade flehen.
All diese "neuen und verbesserten Verhörmethoden", so vermuten
Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights
Watch, praktiziert die CIA in ihren Geheimverliesen im Ausland. Anfang
November hatte die Washington Post berichtet, dass es derartige
Gefangenenlager nicht nur in Afghanistan und Usbekistan, sondern auch
in osteuropäischen Ländern gebe. Ihre Namen hatte die Zeitung
jedoch zurückgehalten, weil sie von der US-Regierung darum gebeten
wurde.
http://www.dradio.de/aktuell/441711/
Falsche Informationen aus Drittländern?
Brisanter Fall beschäftigt die USA: Aussagen, die unter Gewaltandrohung in Ägypten gemacht wurden, sind zu einem Kriegsgrund geworden
Vor Beginn des Irak-Kriegs hat sich das Weisse Haus bei seiner Behauptung, es bestünden Beziehungen zwischen Al Qaida und Irak, auf die Äusserungen eines hohen Al-Qaida-Mitglieds gestützt. Nun hat die «New York Times» aufgedeckt, dass der Mann in ägyptischer Haft gelogen habe, um nicht gefoltert zu werden. Er zog seine Aussage später zurück.
Als sich das Weisse Haus auf den Irak-Krieg vorbereitete, spielten die Aussagen des ranghohen Al-Qaida-Mitglieds Ibn al-Scheich al-Libi eine wichtige Rolle – ohne dass sein Name damals bekannt war. US-Präsident Bush, Vizepräsident Cheney und der damalige Aussenminister Powell sagten mehrmals, es gebe vertrauenswürdige Beweise für Verbindungen zwischen Irak und dem Terrornetzwerk Al Qaida. Bush äusserte sich in seiner wichtigen Rede in Cincinnati im Oktober 2002 erstmals dazu, als er sagte: «Wir haben erfahren, dass Irak Al-Qaida-Mitglieder im Herstellen von Bomben und im Gebrauch von chemischen Waffen ausgebildet hat.»
Unter Androhung von Folter
Die «New York Times» deckte nun auf, gestützt auf Aussagen von amerikanischen Regierungsbeamten, dass Al-Libi seine Äusserungen in ägyptischer Gefangenschaft unter Androhung von Folter gemacht habe. Er gab später zu, er habe aus Angst gelogen. Der gebürtige Libyer war Ende 2001 in Pakistan verhaftet und in Afghanistan gefangen gehalten worden. Er war das damals ranghöchste Al-Qaida-Mitglied in amerikanischer Gefangenschaft. Al-Libi hatte auch dort Andeutungen gemacht, doch konkret war er erst geworden, als er im Januar 2002 von den USA an Ägypten ausgeliefert worden war. Er kam im Februar 2003 in die Militärbasis Guantanamo. Wo er sich heute befindet, ist nicht bekannt.
Die Tatsache, dass al-Libi seine Aussage nach dem Einmarsch in Irak zurückzog und die CIA Informationen, die sich auf seine Äusserungen stützten, im März 2004 für nichtig erklärte, ist seit mehr als einem Jahr bekannt. Der Artikel in der «New York Times» deckt jedoch erstmals öffentlich auf, dass ein Teil der fehlerhaften Geheimdienstinformationen im Vorfeld des Krieges darauf zurückzuführen sein könnte, dass sich die USA bei der Befragung von Al-Qaida-Mitgliedern stark auf Drittländer verliessen. Bisher war nämlich nicht bekannt gewesen, dass Al-Libi seine Aussage in ägyptischer Haft gemacht und später zugegeben hatte, er habe unter Zwang gehandelt.
Militärgeheimdienst zweifelte
Ein Regierungsmitglied betonte gegenüber der «New York Times», ein Teil der Informationen von Al-Libi über die Terrororganisation Al Qaida sei korrekt gewesen, und seine Behauptung, er sei in ägyptischer Haft brutal behandelt worden, sei nicht erhärtet worden. Doch der Militärgeheimdienst hatte bereits im Februar 2002 Zweifel an Al-Libis Vertrauenswürdigkeit angemeldet und bezeichnete seine Aussagen als «vorsätzlich irreführend», wie vergangenen Monat freigegebene Regierungsdokumente belegen.
Wieso Präsident Bush sich acht Monate später trotzdem so stark auf al-Libis Äusserungen stützte, versucht der ranghöchste Demokrat im Militärausschuss, Senator Carl Levin, zurzeit herauszufinden. Er verlangt vom Militärgeheimdienst, vier weitere, geheime Berichte aus dieser Zeit freizugeben.
Laut dem Weissen Haus gehört Al-Libi zu einer Gruppe von 150 Gefangenen, die seit den Attentaten vom 11. September zur Befragung in andere Länder gebracht worden waren. Regierungsmitglieder, unter ihnen auch Aussenministerin Condoleezza Rice, verteidigten diese Praxis mehrfach. Besonders im Nahen Osten sei es hilfreich, wenn die Befrager die Sprache des Häftlings sprächen und seinen kulturellen Hintergrund verstünden. Die USA hätten nur an Drittländer ausgeliefert, die versicherten, die Häftlinge würden nicht gefoltert.
Karin Reber Ammann, St. Galler Tagblatt, 16.12.2005